Wackere Friedensaktivisten am Mikrofon

Anping Richter / Buxtehuder Tageblatt

BUXTEHUDE. Trotz mehrerer Redner unterschiedlicher Gruppen und Parteien war die Friedenskundgebung in Buxtehude am Sonnabend nur spärlich besucht. Aufgerufen hatte die Linke, deren stellvertretender Bundesvorsitzender Tobias Pflüger gekommen war.

In den 80er Jahren habe er mit 300 000 Menschen in Bonn erfolgreich für ein Verbot der Stationierung von Mittelstreckenraketen demonstriert, berichtete Harald Winter, der für die Attac-Gruppe Buxtehude zum Auftakt der Veranstaltung ans Mikrofon trat. Heute seien nukleare Mittelstreckenraketen in Europa wieder im Gespräch. Das Interesse am Thema allerdings ist nicht auf dem Niveau der 80er Jahre: Nur 40 Besucher blieben stehen, um den Beiträgen zu lauschen. Dabei war es Benjamin Koch-Böhnke dem Vorsitzenden der Ratsfraktion der Linken, gelungen, für die Veranstaltung Mitstreiter aus mehreren Gruppen und Parteien zu gewinnen, die auch Gehaltvolles zu sagen hatten: Michael Lemke von den Grünen, Jens Wagner von den Ärzten gegen den Atomkrieg, Antje Ghosh von den Busrebellen, Herbert Behrens von Verdi und Syed Salman Shah, Imam der Ahmadiyya-Gemeinde waren dabei, der Musiker Peter Schulze und Dichterin Ute Latendorf ergänzten das Programm mit Liedern und Gedichten für den Frieden. Die steigenden Rüstungsausgaben nahm Verdi-Gewerkschaftssekretär Herbert Behrens zum Anlass, „Rente statt Kanonen“ zu fordern. Die Nato wolle, das ihre Mitglieder die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern: „Doch das Geld, das wir da versenken, fehlt an anderer Stelle.“ So zum Beispiel beim Kampf gegen Altersarmut.

Dr. Jens Wagner, Ärzte gegen den Atomkrieg.

Wie Behrens lobte auch Dr. Jens Wagner von den Ärzten gegen den Atomkrieg (IPPNW) die Linke dafür, mit der Veranstaltung ein öffentliches Forum zu bieten, wo über Friedenspolitik gesprochen werden könne. Dafür gebe es zu wenig Gelegenheit, zumal ein differenzierter, analytischer Umgang mit dem Thema gefragt sei. Er kritisierte die Tendenz, ständige Krisen und militärischen Aktivismus als Antwort darauf zu beschwören. „Die langjährige Analyse zeigt: Militärische Lösungen können nie eine Konfliktlösung hervorbringen“, sagte Wagner und führte eine aktuelle Studie der IPPNW zum Syrienkrieg an, die dies belege.

Die Hansestadt Buxtehude ist seit 2017 Mitglied des internationalen Städtebündnisses „Mayors for Peace“. Dafür, dass die Linke dies mit einem entsprechenden Antrag in die Wege leitete, dankte Michael Lemke, Fraktionsvorsitzender der Grünen, der Fraktion der Linken im Rat. Die Grünen hätten diesen Antrag ein Jahr zuvor ebenfalls gestellt, aber nicht durchbringen können. “Wir leben den Frieden im Rat, und das ist schon eine große Kunst hier in Buxtehude“, sagte Lemke, der den Buxtehuder Igel als stacheliges, aber friedliches Verhaltensvorbild lobte, als er Wilhelm Buschs Gedicht „Bewaffneter Friede“ über den Fuchs und den Igel vortrug.

Syed Salman Shah, Imam der Ahmadiyya-Gemeinde, stimmte am Mikrophon auf Arabisch gesungene Koranverse an, bevor er das Wort ergriff. Es könne kein Frieden auf der Welt aufkommen, solange die Menschen kein Mitgefühl füreinander entwickeln, sei eine Überlieferung des Koran, die ein Teil der muslimischen Welt heute scheine, vergessen zu haben. Zusammen mit dem täglichen fünfmaligen Gebet bilde das Verbreiten von Liebe, Frieden und Brüderlichkeit eine goldene Regel.

 

Weshalb ein gut funktionierender öffentlicher Nahverkehr den Frieden fördert, erklärte Antje Ghosh von den Busrebellen: Letztlich sei es ein Beitrag zum Klimaschutz, der auch Kämpfe um die knapper werdenden globalen Ressourcen verhindere. Tobias Pflüger, stellvertretender Bundesvorsitzender und verteidigungspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, war aus Berlin angereist und konnte thematisch anschließen: Wegen Schienenersatzverkehrs war gerade noch rechtzeitig aus Berlin zur Ansprache in Buxtehude angekommen. Er thematisierte die reale Gefahr für den Weltfrieden, die von der aktuellen Politik der USA ausgehe, und forderte die deutsche Bundesregierung auf, gegenüber den USA nicht nur Appelle zu formulieren, sondern Aufmärsche aktiv zu verhindern – beispielsweise, indem die Militärbasis Rammstein nicht mehr zur Verfügung gestellt werde. Als rechtswidrig kritisierte er unter anderem die Entwicklung der bewaffnungsfähigen Euro-Drohne, die als Leuchtturmprojekt einer gemeinsamen europäischen Militärstrategie bis 2025 bei Airbus entwickelt werden soll. „Eigentlich darf der EU-Haushalt laut Artikel 41, Absatz 2, gar nicht für Militärausgaben genutzt werden“, sagt Pflüger, der im Verteidigungsausschuss des Bundestags sitzt und 2004 bis 2009 Europaabgeordneter war.