Kleine Fraktion, großes Engagement: Die Linken im Stader Rat halten die Verwaltung auf Trab

Foto: Tristan Jorde

Jörg Dammann: Neues Stader Wochenblatt

jd. Stade. Die beiden Linken-Politiker Tristan Jorde und Alexander Klinger bilden die kleinste Fraktion im Stader Rat. Wer nun aber denkt, dass die beiden Ratsherrn quasi lautlos im 41-köpfigen Rat untergehen, irrt gewaltig. Anders als ihre Vorgänger aus der vergangenen Wahlperiode machen sie den Mund auf und verschaffen sich Gehör – nicht selten zum Unmut der anderen Parteien.

Auch wenn der Politikstil, den das neue Linken-Duo verkörpert, bei einigen Ratskollegen aneckt: Immerhin greifen sie Themen auf, haken nach und fordern Infos durch die Verwaltung ein. Auch in dieser Sitzungswoche zeigen sie sich höchst aktiv. Acht von elf Anträgen aus den Reihen der Fraktionen werden von den Linken gestellt.

Das WOCHENBLATT hat fünf Themen herausgegriffen und stellt sie in den unten stehenden Artikeln vor – zusammen mit den Antworten aus der Verwaltung. Die Linken-Anträge umfassen ein breites Spektrum – von der Wasserqualität im Burggraben bis zur Rutschgefahr auf einer Brücke.
Rutschgefahr auf der Brücke

Das fordern die Linken: Die Brücke über den Burggraben (Verlängerung Wiesenstraße Richtung Burggraben-Schule) soll einen rutschfesten Belag erhalten. Die Linken verweisen darauf, dass dort schon Fußgänger und Radfahrer strauchelten, weil die Planken zu glatt sind und der Belag bereits stark abgenutzt ist. Insbesondere Senioren seien betroffen: „Mehrere gebrechliche Personen haben dies bereits persönlich bei uns gemeldet, meiden nun meist diesen wichtigen Verbindungsweg in die Stadt und nehmen große Umwege in Kauf.“
Das sagt die Stadt: Trotz regelmäßiger Reinigung der Planken bilde sich nach kurzer Zeit immer wieder ein rutschiger Belag auf den Holzbohlen. Der vorhandene Bohlenbelag sei aber noch in einem guten Zustand. Ein Komplettaustausch wäre nicht nachhaltig und wirtschaftlich nicht sinnvoll.#%Allerdings wird eingeräumt: „Alle durchgeführten Abstumpfungsmaßnahmen brachten bisher keinen dauerhaften Erfolg.“ Derzeit prüft die Stadt, ob es technisch machbar ist, einen zusätzlichen dünnen Holzbohlenbelag mit Rutschhemmern zu montieren. Die Kostenschätzung für diese Variante steht noch aus. Sobald eine Kostenschätzung vorliegt, soll das weitere Vorgehen beraten werden.
Wasserqualität im Burggraben

Das fordern die Linken: Die Wasserqualität im Burggraben soll zweimal jährlich untersucht werden. Da dort im Sommer auch gebadet werde, müsse das Wasser auf Keime und Schadstoffe getestet werden. Das Wasser sei „eine undurchsichtige und braune Brühe“. Daher sei es angeraten, Proben zu ziehen und diese von einem „unabhängigen zertifizierten Labor prüfen zu lassen“.
Auf dem Burggraben wird Wassertourismus betrieben. Er ist ein beliebtes Ziel für Ausflügler

Die Linken verweisen darauf, dass es derzeit keine öffentlich verfügbaren Aussagen über die Wasserqualität des Burggrabens gebe. „Da sich die Nutzung des attraktiven, stadtnahen Gewässers im Freizeitbereich erweitert hat, sollte auch die Wasserqualität überprüft und bekanntgegeben werden.“
Das sagt die Stadt: Für solche Wasserproben sei grundsätzlich das Gesundheitsamt des Landkreises zuständig. Außerdem bestünden im Bereich der Schwinge keine offiziellen Badestellen, die entsprechende Untersuchungen der Wasserqualität erforderlich machen würden. Zusätzlich gibt die Verwaltung den Hinweis, dass der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) an zwei Messstellen in der Schwinge chemische Parameter untersucht. Die Untersuchung von mikrobiologischen Parametern obliege dem Landkreis. Die Daten können im Internet eingesehen werden.
Der Stader Burggraben als Dorado für Wassersportler

Mehr Sitzbänke am Teich

Das fordern die Linken: Am Feuerwehrteich im Stader Ortsteil Campe sollen Sitzbänke aufgestellt werden. Die Grünfläche rund um den Teich diene den Bewohnern Campes für die Naherholung. Doch es fehlten Bänke zum Ausruhen. „Idyllische Orte wie der Feuerwehrteich sind kleine Oasen für unsere Bürger“, meinen die Linken.

Das sagt die Stadt: Es sei eine maßvolle Aufwertung und Renaturierung der Grünanlage angedacht. In der Abteilung Umwelt- und Freiraumplanung gebe es dazu bereits erste Überlegungen, die das Aufstellen von Sitzbänken einbeziehen. Mit dem Investor des benachbarten Wohnungsbauprojektes sowie Anliegern seien bereits erste Gespräche geführt worden. Vor Kurzem sei eine erste Sitzgelegenheit mit zugehörigem Abfallbehälter im Bereich des Ostufers aufgestellt worden.
Breiterer Fahrradweg

Das fordern die Linken: Der kombinierte Fuß-und Fahrradweg zwischen dem Parkplatz Hospitalstraße und der Bahnhofstraße muss erneuert werden. Der vielbenutzte Weg befinde sich in einem schlechten Zustand und verfüge außerdem nicht über die erforderliche Breite.
Das sagt die Stadt: Der Weg ist als gemeinsamer Geh- und Radweg ausgewiesen – mit einer Breite von rund 1,80 Meter. Nach dem aktuellen Regelwerk müsste der Weg in folgender Breite ausgebaut werden:
Zweirichtungsradweg: 3 Meter
plus Gehweg: 1,80 Meter
plus Sicherheitstrennstreifen: 0,3 Meter
Das ergibt eine Gesamtbreite von 5,1 Meter. Laut Verwaltung ist der Ausbau von Radwegen grundsätzlich förderfähig. Dafür seien aber entsprechende Planungen anzuschieben und ausreichende Haushaltsmittel bereitzustellen.
Dann könnte frühestens im Februar 2023 ein Antrag zur Aufnahme in das Mehrjahresprogramm nach dem niedersächsischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (NGVFG) gestellt werden. Eine Umsetzung der Maßnahme wäre frühestens 2024 möglich.
Sanierung der Stadiontribüne

Das fordern die Linken: Die Tribüne des Güldenstern-Stadions auf der Camper Höhe müsse zwingend saniert werden, weil sie sich in einem maroden Zustand befinde. Dabei müsse sie auch an die aktuellen Sicherheitsstandards angepasst werden.
Nach Ansicht der Linken gehe es darum, die Attraktivität dieser Sportstätte zu verbessern. In ihrem jetzigen Zustand sei die Tribüne „unansehnlich und ungemütlich“. Ohnehin sei die Sportstätte Camper Höhe so zu gestalten, dass sie nicht nur für den Stadionbetrieb, sondern auch als Begegnungsstätte genutzt werden kann. Daher die Forderung: „Die Tribüne muss ganzheitlich und zukunftsorientiert saniert werden.“ Die Linken nehmen Bezug auf das sogenannte Werkstattverfahren: Dabei geht es darum, dass die Stadt gemeinsam mit Anwohnern und dem VfL Stade Zukunftsperspektiven für das Areal auf der Camper Höhe entwickelt. Gegen erste Pläne der Stadt, die Sportstätten aufzugeben und dort Wohnbebauung zu schaffen, liefen Bürger Sturm.
Die Zukunft der Sportanlagen auf der Camper Höhe ist weiterhin ungewiss

Das sagt die Stadt: Eine Grundsanierung der Tribüne sei nicht in der Haushaltsplanung berücksichtigt. Die möglichen Mittel dafür seien bereits für andere Maßnahmen vergeben. Auch hinsichtlich der personellen Kapazitäten bei der Stadt könne man eine Sanierung der Tribüne nicht angehen.
Auch das Werkstattverfahren ist laut Verwaltung vorerst auf Eis gelegt: Der nächste Schritt in diesem Verfahren wäre die Ausschreibung eines „freiraumplanerischen Wettbewerbs“, bei dem Ideen zur weiteren Nutzung des Geländes vorgelegt werden. Dies sei aus „Kapazitäts- und Kostengründen vorerst nicht möglich“ und werde daher nicht vor 2025 erfolgen, heißt es seitens der Stadt, die in Sachen Tribüne folgendes Statement abgibt: „Ein dauerhafter Erhalt der Tribüne ist im Werkstattverfahren offengelassen worden, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Investitionen getätigt werden sollen.“ Der Substanz-erhalt sei aber über die laufende Instandhaltung sichergestellt.

Erweiterung der Stader Rotschlamm-Deponie: Moderate Töne der Grünen, scharfe Kritik der Linken

Neue Stader Autor Jörg Dammann

jd. Stade. Das Unternehmen Aluminium Oxid Stade (AOS) plant, die Kapazität seiner Rotschlamm-Deponie bei Stadermoor zu erhöhen, um die Produktion für weitere 15 bis 20 Jahre zu sichern. Derzeit läuft das Antragsverfahren, damit der Damm rund um die Deponie auf bis zu 30 Meter erhöht werden kann. Die aktuelle Höhe beträgt 16 Meter. Jetzt haben die Stader Grünen und auch die Linken auf die Berichterstattung über die geplante Deponie-Erweiterung reagiert. Beide verweisen auf Möglichkeiten zur Verwertung des Rotschlamms als Alternative zur Deponielagerung. Die Grünen geben sich dabei eher moderat, während die Linken einen wesentlichen schärferen Ton anschlagen.

Man begrüße es, dass die AOS ihren Produktionsstandort in Stade längerfristig erhalten wolle, heißt es von den Grünen. Daher sei „der Antrag auf Erweiterung der Kapazitäten der Rotschlammdeponie betriebswirtschaftlich nachvollziehbar“. Die Grünen verweisen aber auf Studien, wonach sich Rotschlamm durchaus recyceln lasse. Es enthalte neben größeren Anteilen an Aluminium und Eisen zum Teil auch geringe Mengen von seltenen Erden. Diese wertvollen Stoffe kommen bei zahlreichen modernen Technologien zum Einsatz.

Dass eine vollständige Verwertung aller Bestandteile des Rotschlamms technisch umsetzbar sei, habe eine Studie der Technischen Hochschule Aachen aufgezeigt. Allerdings räumen die Grünen ein: „Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit kamen die Forscher zu keiner abschließenden Bewertung, zumal es sich um keine Untersuchung im industriellen Maßstab handelte.“ Die Grünen sind aber davon überzeugt, dass sich mit der Verwertung der seltenen Erden durchaus gute Einnahmen erzielen ließen, auch wenn die Preise auf dem Weltmarkt sehr schwankend seien.
Linke: Rotschlamm-Deponierung ist von vorgestern

Deutlichere Worte finden die Linken. Fraktionschef Tristan Jorde bezeichnet die Deponie als eine „archaische Art der Abfallentsorgung“. Weil man bei AOS zu faul sei, über Alternativen nachzudenken, werde die in Managementkreisen beliebte Vokabel „alternativlos“ verwendet. „Obwohl es zahllose Technologien zur Entwässerung, zur Entgiftung, zur Verwertung und zum Rückbau dieser Schlämme gibt, setzt man hier weiterhin auf Abfallbeseitigung ‚Made in 19th Century'“, kritisiert Jorde.

Die Stader Linken werfen zudem einige Fragen auf. Diese drehen sich u.a. um die Qualität des Grundwassers unter der Deponie, um den Zustand der Klärschlamm-Pipeline zwischen AOS-Werk und der Deponie und um den Schutz vor möglichen Dammbrüchen. „Die Linken-Fraktion fordert ein zukunftssicheres Entsorgungskonzept, das Industrieproduktion, sichere Arbeitsplätze und eine lebenswerte Zukunft für die Menschen in der Region vereint. Und Schluss macht mit gedankenlosem Verklappen in der Landschaft“, schreibt Jorde.

Man könne nur hoffen, dass die Gewerbeaufsicht in Lüneburg diesem „vorgestrigen Treiben der Rotschlamm-Bunkerung“ energische Schranken setze und endlich zur Verwertung dieser Schlämme auffordere, so der Linken-Politiker.
Der Deich um die AOS-Rotschlamm-Deponie wird mit Sand aus Hammah laufend erhöht