Protest in Stade: Demokraten wollen Querdenkern nicht die Straße überlassen

Von Björn Vasel: Stader Tageblatt

Rund 250 Querdenker sind am Sonntag in Stade gegen die vom Bundesverfassungsgericht gebilligte „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ im Gesundheitswesen auf die Straße gegangen. Auf ihren Plakaten war sogar von „Impfgenozid“ die Rede.

Sie waren dem Aufruf der Querdenker-Bewegung „Buxaktiv“ gefolgt. Dass einige Kritiker der Corona-Maßnahmen unter anderem die Impfpflicht für Mitarbeiter von Heimen, Krankenhäusern und Arztpraxen begrifflich mit dem Wort Genozid auf eine Stufe mit der planmäßigen Ermordung der europäischen Juden und anderer Volksgruppen durch die Nationalsozialisten stellten, sorgte am Sonntag lediglich auf der einen Seite des Platzes Am Sande für Protest – bei der Gegendemo des Bündnisses für Zivilcourage in Stade.

Um 11 Uhr versammelten sich die Anhänger von Buxaktiv und die Unterstützer des Bündnisses für Zivilcourage – auf der Ost- beziehungsweise der Westseite des Platzes. Die Polizei drängte eine Handvoll von Querdenkern ab, die sich provozierend nicht an den von Behörden angeordneten Abstand zwischen den Gruppen halten wollten. Es blieb friedlich, bis auf lautstarke Störversuche mit Vuvuzelas durch Buxaktivler.

Während die Versammlungsleitung der Buxaktiv-Demo vor dem Kreishaus ihre aus Hamburg und Nordostniedersachen angereisten Anhänger noch auf das Verbot prorussischer Symbole wie das „Z“ hinwies und vom „sogenannten Angriffskrieg“ sprach, kritisierten die Redner bei dem von der Kirche, Die Partei, SPD, Linke, Omas gegen Rechts und Grünen initiierten Gegenbündnis die Nähe einiger der Buxaktiv-Anhänger zu Rechtsextremen und Reichsbürgern. So verwiesen die Omas gegen Rechts auf Kontakte regionaler Corona-Kritiker zu den vom Verfassungsschutz beobachteten Freien Niedersachsen.

Natürlich sind nicht alle der Kritiker der Corona-Maßnahmen Nazis, am Sonntag marschierten auch Anhänger der Homöopathie und Esoteriker und Menschen mit, die keine Impfgegner, aber noch nicht von den Impfstoffen überzeugt sind. Sie haben allerdings offenbar kein Problem damit, dass auch Rechtsextreme in ihren Reihen unterwegs sind.
Verfassungsfeinde marschieren bei Buxaktiv mit

Bei der Buxaktiv-Demo trugen einige Teilnehmer die Kapuzenpullover mit dem „Wahrheitszeichen“ (ein Kreis mit Punkt) auf der Brust des Querdenker-Youtubers Heiko Schrang. Der steht für einen Mix aus Esoterik, Verschwörungsglaube und rechtsextremer Ideologie.

Auch einige Anhänger der „Veteranen für Recht und Freiheit“ marschierten bei Buxaktiv mit. Die Veteranen stehen AfD-Rechtsauslegern und Pandemie-Leugnern nahe. Der Bundeswehrverband hat sich von ihnen distanziert. „Wer als Soldat geschworen hat, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen, kann nicht mit Gruppen aufmarschieren, die offen das Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung angreifen“, sagte der langjährige Vorsitzende der Ehemaligen im Bundeswehrverband, Albrecht Kiesner, bereits 2021 über diese Gruppierung.

Manfred und Angelika von „Omas gegen Rechts“ klagten, dass die Querdenker sich mit den Opfern der Diktaturen in der Nazi- und der DDR-Zeit auf eine Stufe stellten. „Das beleidigt alle Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und schmälert den verdienten Ruhm der wahren Montagsdemonstranten, die gegen eine tatsächliche Diktatur, nämlich die in der DDR, auf die Straße gegangen sind“, sagte der Redner von Omas gegen Rechts. Sie unterstrichen, dass es den Neonazis unter den Corona-Kritikern nicht um die Impfungen gehe. Sie wollten die freiheitliche Ordnung und Demokratie ausnutzen, um ihr zu schaden.
Gegendemonstranten warnen vor Neonazis unter Querdenkern

Das TAGEBLATT sprach Roy Schopen von Buxaktiv auf den Vorwurf des Bündnisses für Zivilcourage an, dass seine Gruppe dem Rechtsextremismus nahe stehe. Doch er wollte sich nach der Kundgebung nicht äußern.

Die Grüne Sandra Deutschbein beklagte, dass die Querdenker die schweren und teils tödlichen Folgen einer Corona-Infektion für die Menschen leugnen. Ihnen rief Deutschbein über den Platz entgegen: „Impfen schützt.“ Sie appellierte an die Impfgegner, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu akzeptieren. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitswesen sei rechtmäßig. Der Linke Marlon Borchers mahnte die Bürger, Freiheit und Demokratie zu verteidigen, damit Deutschland nicht in die dunklen Zeiten des Dritten Reiches zurück stürze.

Bei ihrem Marsch skandierten die Querdenker immer wieder „Freiheit“, vor dem Start hatten sie auf dem Platz Am Sande eine Schweigeminute für „Opfer der Corona-Impfungen“ eingelegt.