Luftfilter in Klassenräumen sind kein Allheilmittel

Von Ina Frank Buxtehuder Tageblatt

BUXTEHUDE. Der Einsatz von Luftfiltern in Schulen zur Bekämpfung von Corona-Ansteckungen ist zurzeit in vieler Munde. Ob das für Buxtehude eine Option sein könnte, wurde am Montag im Ausschuss diskutiert. Einiges spricht dagegen. Für die Buxtehuder Schulen, und gegebenenfalls auch die Kindergärten, käme der Einsatz von mobilen Luftreinigern infrage. Doch sind sie wirklich entscheidend wichtig, wenn es darum geht, Aerosole, die das Coronavirus übertragen, aus der Luft zu filtern? Mandy Nagel, Leiterin der Fachgruppe Bauordnung, gab in der Sitzung des Schulausschusses die Antwort: „Ein ganz klares Vielleicht.“ Zu entscheiden, ob für Buxtehuder Schulen Luftfilter angeschafft werden sollten, ist in mehrerer Hinsicht nicht einfach. Es gebe zwar einige Studien zu dem Thema, diese unterschieden sich jedoch sehr, was die Ergebnisse angehe, berichtete Nagel. Zudem fänden die Versuche unter „sehr, sehr theoretischen Bedingungen“ statt. Nagel verwies auf Studien des Instituts für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr in München und zeigte auch ein Foto des ersten Versuchsaufbaus, der zu der Zeit stark kritisiert wurde. Aus nachvollziehbarem Grund, denn der Versuchsraum sieht nicht ansatzweise wie ein Klassenraum aus. Bei einer weiteren Untersuchung saßen immerhin 13 Personen an Tischen und Stühlen, dass Schüler auch mal aufstehen und durch den Raum gehen, war dabei aber nicht mit eingeplant. Dennoch kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Luftfilter die Gefahr einer Corona-Infektion durch Aerosole reduzieren. Die Raumluft muss sechsmal pro Stunde durch den Filter laufen Nagel nannte aber noch weitere Aspekte, die es zu bedenken gilt. Erforderlich seien spezielle automatisch dekontaminierende Filter, sogenannte „HEPA 14 Partikelfilter“, und ein sechsfacher Luftdurchsatz, was bedeutet, dass die Raumluft sechsmal pro Stunde durch den Filter laufen muss. Damit kommt aber keinerlei Frischluft in den Raum. Außerdem sind Luftfilter nicht unbedingt leise: Die Geräuschemissionen liegen bei 50 bis 60 Dezibel. Das entspricht einem Gespräch bei normaler Lautstärke, das dann ständig im Hintergrund laufen und unter Umständen auch stören würde. Fraglich ist auch, wie die Filter gereinigt würden. Es gibt mehrere Möglichkeiten: UV-Licht, Chemie oder Temperatur. Von UV-Licht werde in Schulen allerdings dringend abgeraten, berichtete Nagel. Und bei einer Reinigung durch die Temperatur müsste der Filter einmal täglich, auf mehr als 100 Grad erhitzt werden – nicht nur das sorgt für einen hohen Energieverbrauch der Geräte. Wegen bisher fehlender Überprüfungen durch unabhängige Testeinrichtungen wäre die Stadt zudem beim Kauf von Luftfiltern abhängig von den Herstellerangaben. Und besonders wichtig ist: Trotz des Einsatzes von Luftfiltern müssen Räume weiterhin gelüftet, Abstandsregeln eingehalten und Masken getragen werden. Darauf weist auch das Robert Koch Institut hin, das zu Luftfiltern erklärt, dass der Einsatz solcher Geräte nicht zu einem Gefühl der „falschen Sicherheit“ führen dürfe. Anschaffung, Betrieb und Wartung sind teuer Nagel zeigte auch die Kosten von Luftfiltern auf. Nur für die Ausstattung der Schulen – die Kindergärten kämen noch hinzu – würde die Anschaffung 1,67 Millionen Euro kosten. Hinzu kämen etwa 130.000 Euro Wartungskosten pro Jahr sowie jährlich etwa 25.000 Euro Betriebskosten, wobei die etwaige Erhitzung der Filter zur Reinigung da noch nicht eingerechnet wäre. Claudia Blaß, Fachgruppenleiterin Schulen und Sport, sagte, das Lüften habe laut der Kultusministerkonferenz nach wie vor oberste Priorität. Von den Schulen habe sie außerdem die Rückmeldung bekommen, dass die meisten Räume gut zu lüften seien. Die BBG/FWG-Fraktion sowie die Linke-Fraktion hatten vorab Anträge gestellt, die Buxtehuder Schulen und Kindertagesstätten mit Luftfiltern auszustatten. „Es ist schon fast zu spät“, sagte Bodo Klages (BBG/FWG). Die Stadt müsse dringend Luftfilter, zumindest erst einmal zum Testen, anschaffen. Benjamin Koch-Böhnke (Linke) fügte hinzu, die Stadt müsse Schüler und Lehrer nach bestem Wissen und Gewissen schützen. Die Reaktionen darauf waren teilweise skeptisch. „Wir täten gut daran, ehrlich zu sein, dass diese Filter kein Allheilmittel sind“, sagte Birgit Butter (CDU). Diesen teuren Aktionismus könne sich die Stadt nicht leisten. Nick Freudenthal (SPD) meinte, die Verwaltung sollte prüfen, welche Schulen und Kitas die Luftfilter wirklich haben möchten. So soll es jetzt weitergehen: Die Verwaltung wird sich mit den Schul- und Kitaleitungen noch einmal die Räume, die problematisch zu lüften sind, genau ansehen, um über die Beschaffung von Luftfiltern zu entscheiden. Die Anträge wurden erst einmal zurückgestellt.