Kassenärztliche Vereinigung warnt: Es gibt zu wenig Ärzte in Buxtehude

Von Karsten Wisser: Buxtehuder / Stader Tageblatt

Der Medizinermangel hat jetzt auch Buxtehude offiziell erreicht. Der Versorgungsgrad in der Stadt liegt nur noch bei 74 Prozent. Aus der Politik gibt es einen weitreichenden Vorschlag, der das ändern soll.Es gibt zu wenig Mediziner. Und es gibt Hausarztpraxen, die deswegen für immer schließen müssen, was die dramatischste Folge des Ärztemangels ist. Erste Kommunen im Landkreis Stade wie Harsefeld oder Himmelpforten steuern mit medizinischen Versorgungszentren (MVZ) dagegen. In Apensen zahlt die Kommune einen Teil der Kosten, damit angestellte Ärzte die Versorgung der Menschen vor Ort sicherstellen.


Buxtehude gilt mittlerweile als unterversorgt

Auch Buxtehude hat das Problem Hausärztemangel längst erreicht. Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) liegt bei einem Versorgungsgrad von unter 75 Prozent eine Unterversorgung vor – Buxtehudes Versorgungsgrad beträgt nur noch 74 Prozent. Die Ratsgruppe Die Linke/Die Partei will dem Hausärztemangel mit einem kommunalen Hausärztezentrum entgegenwirken.„Immer mehr Menschen suchen vergeblich nach einer Hausarztpraxis, die noch nicht mit einem Aufnahmestopp versehen ist“, äußert sich die Linke. Viele Menschen seien gezwungen, selbst weite Wege in die umliegenden Gemeinden auf sich zu nehmen, um dort noch eine Hausarztpraxis zu finden, die sie aufnehmen würde.

Idee eines Hausärztezentrums: Das sagt die Politik

Das von der Ratsgruppe angedachte kommunale Hausärztezentrum soll sich zu 100 Prozent in Trägerschaft der Stadt befinden. Sie soll sowohl das Gebäude als auch die Praxiseinrichtung stellen. Die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte würden – ebenso wie die weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – dann nicht selbstständig, sondern Angestellte der Hansestadt sein, so der Vorschlag.

Clemens Ultsch (Die Partei) sagt: „Viele Kommunen finden nicht mehr genügend Ärztinnen und Ärzte, um das Praxissterben zu stoppen, weil sowohl der Zeitaufwand als auch die hohen Kosten viele Ärzte abschrecken.“ Nach Ansicht der drei Ratsherren mache ein kommunales Hausärztezentrum den Arbeitsplatz für Mediziner attraktiver, da die angestellten Ärzte keine finanziellen Risiken eingehen müssten sowie feste, geregelte und damit familienfreundlichere Arbeitszeiten hätten. Der Vorteil für die Bevölkerung besteht nach Ansicht des Gruppenvorsitzenden Benjamin Koch-Böhnke (Die Linke) darin, dass eine gute hausärztliche Versorgung durch die Stadt sichergestellt würde, bei der im Bedarfsfall notwendige Hausbesuche bei den Patientinnen und Patienten absolviert werden könnten.

„Auch wenn der eigentliche Grund der immer schlechter werdenden medizinischen Versorgung in der seit vielen Jahren verfehlten Bundes- und Landespolitik liegt, so entlässt es die Hansestadt Buxtehude dennoch nicht aus der Verantwortung, für alle Buxtehuderinnen und Buxtehuder eine gute Hausarztversorgung sicherzustellen“, so Koch-Böhnke. Er fügt hinzu: „Und bevor sich die ohnehin schon sehr angespannte Situation noch weiter verschlechtert, muss die Stadt schnell handeln und auch mal neue Wege gehen, wie mit einem kommunalen Hausärztezentrum.“

Im Grundsatz ist die Idee, medizinische Versorgungszentren zu gründen, aus Sicht der Fachleute nicht falsch. „Das kann man unabhängig von der Trägerschaft machen“, sagt Dr. Stephan Brune. Der in Stade niedergelassene Kardiologe und Sportmediziner ist Sprecher des Bezirksausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung der Bezirksstelle Stade. Sie vertritt die niedergelassenen Ärzte im Elbe-Weser-Dreieck. Es könnten auch private Investoren oder Krankenhaus-Betreiber für ein medizinisches Versorgungszentrum infrage kommen, so Brune. Allerdings ändert das aus seiner Sicht wenig am Grundproblem. „Es gibt zu wenig Ärzte“, sagt Brune.

Brune warnt, nur auf die Anzahl der Ärzte zu schauen

Auch das Argument, dass ein MVZ Ärzte beschäftigen könnte, die das finanzielle Risiko und den hohen zeitlichen Aufwand einer selbstständigen Tätigkeit scheuen, ist aus Sicht von Brune nur eingeschränkt richtig: „Es gibt bei niedergelassenen Ärzten genug Möglichkeiten, als angestellter Arzt zu arbeiten.“ Er warnt auch davor, bei der Ärzteversorgung nur auf die Anzahl der Ärzte zu schauen. „Es gibt Ärzte, die sich um 2000 Patienten kümmern und es gibt Ärzte, die schaffen 800 Patienten“, sagt Brune. Aus seiner Sicht sei ein niedergelassener Arzt einem angestellten Arzt aus Sicht der Patientenversorgung vorzuziehen. „Die niedergelassenen Ärzte haben den ökonomischen Druck, sich um viele Patienten zu kümmern“, sagt Brune.