Kanzler-Runde bedroht Modellprojekt

Von Karsten Wisser / Buxtehuder Tageblatt

BUXTEHUDE. Breite Zustimmung, kritische Stimmen und Wahlkampf. So kann die Reaktion der Buxtehuder Politik auf die Bewerbung zur Corona-Modellstadt beschrieben werden. Neben dem Risiko einer kompletten Absage gibt es zu den Details des Projekts Neuigkeiten. Buxtehude wurde wie berichtet gemeinsam mit 13 anderen Kommunen aus einem Bewerberfeld von 65 Städten und Gemeinden ausgewählt. Ziel der landesweiten Modellprojekte ist es, Öffnungsszenarien, Datenerfassung und Übermittlung via App zu testen und zu verbessern. Das Modell für die Buxtehuder Altstadt ist auf drei Wochen angelegt. Der Start soll bei allen Kommunen am Donnerstag, 15. April, erfolgen. Buxtehude wollte eigentlich schon am 12. April loslegen. Der Aufwand für die Vorbereitungen ist aber sehr groß. Zum Beispiel müssen alle teilnehmenden Firmen und Einrichtungen Vereinbarungen unterschreiben. Besonders in der Gastronomie überlegen die Wirte, ob es sich für sie lohnt, beim Modellprojekt mitzumachen. Ohnehin ist es möglich, dass am Montag, 12. April, in der nächsten Bund-Länder-Runde zur dritten Corona-Welle Beschlüsse gefasst werden, die zu einer kompletten und mehrwöchigen Verschiebung des Projekts führen könnten. „Die Arbeit haben wir aber auch dann nicht umsonst gemacht, weil wir dann für die Zeit danach ein gutes Konzept haben“, sagt Buxtehudes Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt. Die Konfliktlinien in der Politik in Buxtehude verlaufen dabei auf zwei Ebenen. Michael Lemke, Grünen-Herausforderer von Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos) bei der Wahl im September, wirft der Verwaltung vor, dass sie schneller hätte reagieren können. Die zweite Konfliktlinie ist die Frage, ob es in der aktuellen Corona-Lage überhaupt sinnvoll ist, Lockerungen zuzulassen. 48 Stunden Zeit für die Bewerbung „Es freut uns, dass Buxtehude Modellstadt geworden ist, schließlich haben wir das schon längere Zeit gefordert“, sagt Lemke, bekennender Fan von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, dessen Stadt seit Mitte März in Baden-Württemberg Modellstadt ist. Ein entsprechender Antrag von Bündnis 90/Die Grünen fand aber keine Mehrheit im Verwaltungsausschuss. Die Bürgermeisterin kann auf die Kritik angesichts des Erfolgs gegen namhafte Konkurrenz gelassen reagieren. „Nachdem die genauen Voraussetzungen für die Bewerbung bekannt waren, hatten wir 48 Stunden Zeit für die Bewerbung“, sagt Katja Oldenburg-Schmidt. Als die Grünen ihren Antrag gestellt hätten, habe es in Niedersachsen kein Modellprojekt und keine Zuständigkeit der Stadt gegeben. „Wir müssen auch ohne Zuständigkeit in für Buxtehude so wichtigen Fragen Gas geben“, reagiert Lemke. „Fast kann Michael Lemke einem leidtun. Jedes Thema, dass er aufbringt, räumt die Bürgermeisterin ab“, sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Astrid Bade. Neben der erfolgreichen Bewerbung als Modellstadt hat sie dabei das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Kopf. Grüne Kernthemenfelder, auf denen die Amtsinhaberin bundesweite Preise gewonnen hat. „Wir sind überall Vorreiter.“ Inhaltlich begrüßt die Ortsbürgermeisterin von Neukloster die Aufnahme in die Liste der Modellstädte und hofft auf ein Stück Normalität. Koch-Böhnke: „Lockerungen zum jetzigen Zeitpunkt sind unverantwortlich“ „Wir haben uns zügig und unter enormem Zeitdruck beworben und waren erfolgreich. Das hat die Verwaltung toll gemacht“, sagt Arnhild Biesenbach, Chefin der CDU-Ratsfraktion. Sie hofft, dass „das Licht am Ende des Corona-Tunnels für die Menschen und die Wirtschaft in Buxtehude dank des Modellversuchs heller wird“. Für die Gruppe FDP-BBG/FWG freut sich der FDP-Ratsherr André Grote über den Erfolg der Stadt. „Wir brauchen Perspektiven für die Menschen und die Geschäfte“, sagt er. „Der Wahlkampf erinnert mich an die Geschichte von Hase und Igel“, sagt der AfD-Fraktionsvorsitzende Helmut Wiegers, „überall wo der Hase Lemke hinrennt, sitzt der Igel Bürgermeisterin schon.“ Inhaltlich begrüßt die AfD Lockerungen für die Menschen. Sie steht der Erfassung der Daten via App aber skeptisch gegenüber. Der dritte offizielle Bürgermeisterkandidat ist der Linken-Fraktionsvorsitzende Benjamin Koch-Böhnke. Er ist im Gegensatz zu den anderen Fraktionsvorsitzenden gegen das Modellprojekt zum jetzigen Zeitpunkt. „Wir sind mitten in der dritten Welle. Lockerungen zum jetzigen Zeitpunkt sind unverantwortlich“, sagt Benjamin Koch-Böhnke. Er könne verstehen, dass die Menschen von der Situation genervt seien und Veränderungen wollen. „Das bin ich auch, aber wir müssen den Nutzen gegen die Risiken für die Gesundheit abwägen“, sagt er.