Zu viele verkaufsoffene Sonntage?

Von Karsten Wisser (Buxtehuder/Stader Tageblatt)

BUXTEHUDE. Während viele Gastronomen und Geschäftsleute froh wären, wenn am Sonntag in der Buxtehuder Altstadt mehr los wäre, will die Buxtehuder Ratsfraktion der Linken ein Mittel der Attraktivitätssteigerung am Wochenende begrenzen – die verkaufsoffenen Sonntage.

Die Linke hat jetzt eine Diskussion im städtischen Ausschuss für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus über die Notwendigkeit von verkaufsoffenen Sonntagen beantragt. Nach Ansicht der Linken werden die verkaufsoffenen Sonntage immer mehr ausgeweitet und gehen meist zu Lasten der Beschäftigten und ihrer Familien. Der städtische Wirtschaftsausschuss wird sich am morgigen Mittwoch (19 Uhr, Stadthaus) mit dem Thema befassen.

Linken-Ratsherr Klemens Kowalski begründet die fehlende Notwendigkeit von verkaufsoffenen Sonntagen mit den in der Vergangenheit erweiterten „normalen“ Öffnungszeiten, die montags bis sonnabends häufig bereits zwischen 7 und 9 Uhr begännen und abends teilweise erst zwischen 20 und 23 Uhr endeten. Aus Sicht des Linken-Abgeordneten sei dies mehr als genug Zeit für die Kunden zum Einkaufen und „Bummeln“. Kowalski: „Die Beschäftigten, sehr häufig Frauen, müssen bereits jetzt ihr Leben auf die teilweise sehr langen Arbeitstage einstellen, was insbesondere bei Familien mit Kindern problematisch ist. Der Sonntag ist da oft der einzige verlässliche Familientag. Das darf nicht durch verkaufsoffene Sonntage ausgehöhlt werden.“ Was anfangs noch als seltenes zusätzliches kulturelles Highlight zu einem ohnehin stattfindenden großen lokalen Kulturereignis, zum Beispiel einem jährlichen Stadtfest, gedacht gewesen sei, werde immer weiter ausgebaut, so Kowalski.

Vier verkaufsoffene Sonntage geplant

Vier verkaufsoffene Sonntage sind im Jahr 2018 geplant, in diesem Jahr noch am 30. September, 4. November und 30. Dezember. Gerade der Termin Ende Dezember ist bei den Geschäftsleuten als besonders umsatzträchtig beliebt. Dort werden Weinachtsgeschenke umgetauscht oder Gutscheine und Geld-Geschenke ausgegeben.

Für den Linken-Fraktionsvorsitzenden Benjamin Koch-Böhnke (Foto) hat die jetzige Handhabung mit einem seltenen zusätzlichen kulturellen Highlight nichts mehr zu tun. „Hier geht es nicht mehr um Kultur, sondern lediglich darum, auch noch am Sonntag möglichst viele Kunden in die Läden zu locken und Umsatz zu machen. Zu Lasten der Beschäftigten und ihrer Familien“, so Koch-Böhnke, der hier einen großen Unterschied zu anderen Arbeitsbereichen sieht.

Die Diskussion zu den verkaufsoffenen Sonntagen will die Linke nun im Ausschuss mit Vertretern der Gewerkschaft Verdi, des Altstadtvereins und der Kirchen führen und beraten. „Wir wollen alle Argumente gegenüberstellen und für Buxtehude eine Lösung finden, mit der alle leben können“, so Koch-Böhnke weiter. Aus Sicht der Kaufleute in der Innenstadt sind vier Sonntagsöffnungen richtig. „Im Regelfall bringen diese Tage keine großen Umsätze. Sie sorgen aber dafür, dass Menschen in die Stadt kommen, die sonst nicht da sind und dann wiederkommen“, sagt Hans-Ulrich Wiegel, Vorsitzender des Altstadtvereins. In den kleineren Fachgeschäften seien an den betreffenden Sonntagen meistens die Inhaber als Personal mit im Einsatz.

Die Kritik an der Sonntagsöffnung ist nicht neu. Es gibt zum Beispiel in Niedersachsen eine „Landesallianz für den freien Sonntag“. Ihr gehören zudem die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), der Kirchliche Dienst der Arbeitswelt (KDA), der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Landessportbund Niedersachsen sowie die Gewerkschaft Verdi an.

Unklare Rechtslage

Die rechtliche Situation ist aktuell nicht eindeutig. In den vergangenen Monaten hatten Verwaltungsgerichte in Niedersachsen geplante Sonntagsöffnungen kurzfristig verboten. Angesichts der vorgezogenen Neuwahlen in Niedersachsen passierte ein neuer Gesetzentwurf nicht mehr das Parlament. Die neue rot-schwarze Landesregierung hat ein Gesetz angekündigt, aber noch nichts vorgelegt. Neben der Beibehaltung von maximal vier Sonntagsöffnungen pro politischer Gemeinde müsste wohl auch die Anlassbezogenheit, wie sie das Bundesverfassungsgericht beschrieben hat, Aufnahme ins Gesetz finden. Die Anlassbezogenheit besagt, dass es für Ausnahmen vom Schutz des Sonntags immer eines großen Anlasses wie etwa einer Kirmes oder eines Stadtfestes bedarf. Beim ersten verkaufsoffenen Sonntag war das Steampunk-Festival der Anlass für die Öffnung. Die Veranstaltung lockte Zehntausende Besucher an. Am 30. September ist der Anlass der 150. Geburtstag der Buxtehuder Feuerwehr.