Buxtehude: Mehrheit für Klimanotstand steht

Von Karsten Wisser ( Buxtehuder/Stader Tageblatt)

BUXTEHUDE. Wie sollen Klimaschutz und Nachhaltigkeitsziele der UN in Buxtehude in Zukunft umgesetzt werden? Diese Frage ist der größte Streitpunkt in der Buxtehuder Politik – obwohl sich fast alle Ratsfraktionen und die Verwaltung in der grundsätzlichen Bedeutung des Themas einig sind. Bündnis-Grüne und Linke erneuern jetzt noch einmal vor der entscheidenden Ratssitzung ihre Kritik am Vorgehen der Verwaltung. Die Verwaltung lasse ihren Ankündigungen zu wenige konkrete Taten folgen, so der Vorwurf. In der Ratssitzung am Montag wollen Bündnis 90/Die Grünen und Linke gemeinsam mit der SPD-Ratsfraktion für Buxtehude den Klimanotstand ausrufen. Zur Debatte steht außerdem ein Vorschlag der Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos). Sie möchte, dass Buxtehude einer Musterresolution des Deutschen Städtetages beitritt und damit eine Fokussierung auf die CO2-Reduzierung verhindern. Obwohl sich aus Sicht der Bürgermeisterin die Annahme beider Anträge eigentlich ausschließt, gab es genau dafür in einer turbulenten Ausschusssitzung eine Mehrheit. „Wir reden viel über Nachhaltigkeit, aber bei der konkreten Umsetzung gibt es viele Defizite“, sagt Michael Lemke, Grünen-Co-Fraktionsvorsitzender und designierter Gegenkandidat von Katja Oldenburg-Schmidt bei der Wahl im Herbst 2021. Als greifbares Beispiel für dieses Versagen im Detail steht aus Sicht von Michael Lemke der provisorische Fußgängerübergang für die sogenannte Bitter-Brücke am Fleth in der Verlängerung der Breiten Straße. Der schmale und holprige Weg schließt laut Lemke viele Menschen aus. „Mit einem Rollstuhl oder einem Rollator kommt man hier nicht mehr durch“, sagt Lemke. Die Grünen sind aktuell die einzige Fraktion im Rat, die in jedem Antrag die UN-Nachhaltigkeitsziele, die durch den Antrag gefördert werden sollen, benennt. Insgesamt sind es 17 Ziele. Nach TAGEBLATT-Informationen haben die Grünen für den Rat am Montag einen Eilantrag gestellt. Darin erklären sie erneut die Zustimmung zur Musterresolution des Deutschen Städtetages, fordern aber, dass in der Begründung des Bürgermeisterinnen-Vorschlags die Teile gestrichen werden, die aus ihrer Sicht dem Klimaschutz widersprechen. Linke sieht Defizite bei der Wohnraumentwicklung Die Linke sieht dagegen im aktuellen Handeln besonders Defizite im sozialen Bereich und in der Wohnraumentwicklung. Auch diese werden durch die Nachhaltigkeitsziele abgedeckt. Konkret kritisiert die Linke zum Beispiel, dass städtische Grundstücke nicht generell in Erbpacht vergeben werden. „Land, das die Stadt einmal verkauft hat, ist für immer weg“, sagt Linken-Fraktionsvorsitzender Benjamin Koch-Böhnke. Aus Sicht seiner Partei sei es auch falsch, in den Neubaugebieten nicht dauerhaft preisgünstige Wohnungen zu bauen. Das Beispiel im Neubaugebiet Giselbertstraße: Hier gibt es preisgünstige Wohnungen. Die Bindung läuft aber nach 15 Jahren ab. Vom neuen, grünen Eilantrag hält Astrid Bade, Vorsitzende der SPD-Fraktion, gar nichts, obwohl sie nach wie vor mit Grünen und Linken den Klimanotstand ausrufen will. „Die Grünen sollten eigentlich wissen, dass Begründungen nicht mitbeschlossen werden“, sagt sie. „Wir wollen mit dem Klimanotstand ein überregionales Zeichen setzen und brauchen die sehr gute Arbeit der Stadtverwaltung, um voranzukommen“, so Astrid Bade. Die CDU-Fraktion wird sich für den Vorschlag der Verwaltung aussprechen. „Das ist ein guter Vorschlag, und er ist deutlich breiter aufgestellt als der Klimanotstands-Antrag“, sagt Fraktionsvorsitzende Arnhild Biesenbach. Mit der Aufnahme der Resolution sei alles gesagt. AfD-Fraktion widerspricht den Anträgen Die AfD-Fraktion im Rat widerspricht beiden Anträgen. „Die Ausrufung des Klimanotstands ist eine reine Schauveranstaltung, die die Linke überall dort abzieht, wo sie in den Räten sitzt“, sagt AfD-Fraktionsvorsitzender Helmut Wiegers. Er kritisiert aber auch die Verwaltung. Die habe beim Bau der Fahrradbrücke am Mühlenteich auf Nachhaltigkeit keinen Wert gelegt. „Das ist in 30 bis 35 Jahren Sondermüll“, so Wiegers. Die von ihm vorgeschlagene verzinkte Stahlbrücke hätte bei vergleichbaren Kosten dreimal so lange gehalten. Die Vehemenz der Auseinandersetzung beim Thema Nachhaltigkeit und die offene Kritik an der Verwaltung dürften auch den überregionalen Erfolgen der Hansestadt und dem beginnenden Wahlkampf geschuldet sein. Buxtehude wurde, wie berichtet, in dieser Woche gemeinsam mit drei anderen Bewerberstädten für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert. Die Bürgermeisterin ist damit bei einem Kernthema der Grünen gut aufgestellt. Wegen der Corona-Abstandsregeln findet die Ratssitzung am Montag, 13. Juli, 19 Uhr, in der Integrierten Gesamtschule statt.