Täter nach Droh-Postkarten an Buxtehuder Linke-Politiker ermittelt

Björn Vasel: Buxtehuder / Stader Tageblatt

Immer wieder werden Amts- und Mandatsträger das Ziel von Hass und Hetze – nicht nur im Internet. Im Fall des Buxtehuders Benjamin Koch-Böhnke führte die Spur jetzt nach Ostdeutschland.

Die kryptischen Postkarten kamen anonym, die Botschaften waren eindeutig: Benjamin Koch-Böhnke fühlt sich bedroht. Erst in der vergangenen Woche hat der Buxtehuder Linke-Politiker und Bürgermeisterkandidat der vergangenen Kommunalwahl seinen Fall öffentlich gemacht. Auf einer Informationsveranstaltung im Stader Kreishaus überreichte der Kreistagsabgeordnete dem Polizeilichen Staatsschutz zwei Droh-Postkarten.

Auf einer wurde Bezug auf die Ermordung des schwedischen Sozialdemokraten Olof Palme im Jahr 1986 genommen. Eine Anspielung?

Im Zuge eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens konnte jetzt der Urheber der Postkarten ausfindig gemacht werden. Das teilte Polizeisprecher Rainer Bohmbach am Donnerstag mit.
Mann aus Ostdeutschland droht Linke-Politikern

Es handele sich um einen 73-jährigen Mann aus Frankfurt/Oder. Dieser sei bereits mehrfach durch derartige Schreiben im gesamten norddeutschen Raum aufgefallen. Immer richteten sich seine Drohgebärden dabei gegen die Partei „Die Linke“. Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern habe den Rentner bereits angesprochen.

Weitere Ermittlungen werde es jedoch nicht geben, berichtet Bohmbach. Strafrechtlich gesehen sei in den vorgelegten Postkarten keine „konkrete Bedrohung erkennbar“.

Gleichwohl appelliert die Polizei Stade an alle Mandatsträger, jeden derartigen Fall von Bedrohung bis Beleidigung zur Anzeige zu bringen: „Denn nur so lassen sich derartige Vorfälle aufklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.“
Jeder zweite Politiker wird Opfer von Hass und Hetze

Die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten steigt bundesweit seit Jahren – von 2000 (2019) auf mehr als 6000 im Jahr 2021. Diese gehen unter anderem auf das Konto von Querdenkern, Reichbürgern, Rechts- oder Linksextremisten oder von Corona-Skeptikern. Halbjährlich werden Amts- und Mandatsträger befragt; Daten aus dem Monitoring von Bundeskriminalamt und Spitzenverbänden werden regelmäßig veröffentlicht.

Laut dem niedersächsischen Innenministerium war 2021 laut Polizeistatistik ein Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen, 1161 Fälle wurden registriert. In Niedersachsen habe jeder zweite Kommunalpolitiker bereits digitale Gewalt, ein Viertel der Beschäftigten Übergriffe erlebt. „Der Ton ist rauer geworden“, sagt Sebastian Rauba vom Polizeilichen Staatsschutz.

Hass und Hetze – heute überwiegend über das Internet verbreitet – gingen nicht spurlos an Bürgermeistern oder Politikern vorüber: 81 Prozent der Befragten sagen, dass Diffamierungen und Bedrohungen psychische und physische Folgen haben. Doch lediglich 14 Prozent der Betroffenen stellen Strafanzeige, sagt Rauba. Wenn auch Angehörige bedroht werden, liegt die Anzeigequote bei 28 Prozent.

Zum Schutz von Amts- und Mandatsträgern habe der Staat mehrere Gesetze verschärft. Der Paragraf 188 im Strafgesetzbuch soll jetzt auch Kommunalpolitiker als „Personen des politischen Lebens“ vor Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung schützen, Verurteilten drohen Geld- und Freiheitsstrafen. Auch das Verbreiten von „Feindeslisten“ ist mittlerweile eine Straftat.
Trotz Meldeplattform – Anzeigen zu Hasspostings meist über Polizei

Seit diesem Jahr können Hasskommentare im Internet über eine eigens zu diesem Zweck geschaffene Meldeplattform der Staatsanwaltschaft Göttingen angezeigt werden. Überwiegend werde aber noch der klassische Weg der Anzeige-Erstattung auf der Wache oder Online-Wache der Polizei genutzt, sagt Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue.

Bei der Staatsanwaltschaft Göttingen ist die niedersächsische Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet angesiedelt. Die Online-Plattform wurde mit dem Ziel eingerichtet, mehr Straftäter zur Rechenschaft zu ziehen, die in den sozialen Medien oder Kommentarspalten von Newsseiten Hass und Hetze verbreiten. Es geht oft auch um konkrete Bedrohungen etwa von Amtsträgern wie Bürgermeistern oder von Impfärzten. (bv/tip)

Verfasser wirrer Drohschreiben ermittelt

Tom Kreib: Neue Buxtehuder / Neue Stader

Wer anonyme Drohungen gegen Politiker, auch gegen ehrenamtliche Kommunalpolitiker verfasst, muss damit rechnen, ertappt zu werden. Während einer Veranstaltung der Polizeiinspektion Stade, bei der es um Hetze und Hass gegen Mandatsträger ging, übergab Linken-Politiker Benjamin Koch-Böhnke zwei wirre Schreiben (das WOCHENBLATT berichtete). Die Botschaften nahmen Bezug auf den schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme (der 1986 ermordet wurde) und den Tod von Lady Diana, hatte Koch-Böhnke berichtet und die Karten der Polizei übergeben.

Die Ermittlerinnen und Ermittler vom Staatsschutz der Polizeiinspektion Stade haben jetzt den Verfasser ausfindig gemacht. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurde ein Mann (73) aus Frankfurt/Oder als Urheber der wirren Botschaften ermittelt, die durchaus als Bedrohung verstanden werden konnten.

Der 73-Jährige ist schon mehrfach durch solche Schreiben aufgefallen, die er offenbar vor allem im norddeutschen Raum an Mitglieder der Partei „Die Linke“ verschickt. Der Buxtehuder Kreistags- und Ratspolitiker Koch-Böhnke hatte berichtet, dass die Schreiben an seine Privatadresse geschickt worden waren.

Die Polizei Mecklenburg-Vorpommern hat den Verfasser mittlerweile angesprochen. Weitere Ermittlungen schließen sich aber nicht an, weil der Inhalt der Postkarten keine rechtlichen Aspekte für eine konkrete Bedrohung erkennen lässt.

Wichtiger Hinweis der Polizei: Sollten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger angefeindet, bedroht oder beleidigt werden, ist in jedem Fall eine Anzeige bei der Polizei gerechtfertigt. Denn nur so lassen sich derartige Vorfälle aufklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.