Warum der Linke-Kandidat Benjamin Koch-Böhnke nicht gendert

Von Anping Richter Buxtehuder/Stader Tageblatt

Benjamin Koch-Böhnke gendert nicht. Für ihn machen andere Dinge echte linke Politik aus, sagt der Landtagskandidat der Linken im Wahlkreis Buxtehude. Welche, darüber spricht er bei einem Spaziergang durch die Altstadt.

In Buxtehude scheint die Sonne, und gegen einen Spaziergang hat Benjamin Koch-Böhnke nichts einzuwenden. Kaum haben wir die Redaktion verlassen, wird er angesprochen. Zum Abschied sagt sein Bekannter: „Ich komme übrigens gerade aus dem Stadthaus. Habe schon gewählt. Dich!“

Koch-Böhnke kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Zumindest eine Stimme ist mir schon sicher.“ Den Mann habe er selbst vor Jahren am Wahlkampfstand angesprochen. Wir gehen weiter, er darf die Route wählen. Nächster Halt: Gustav-Schneeclaus-Platz. Der Name geht auf einen Antrag der Linken-Fraktion von 2017 zurück. Hier, am Buxtehuder ZOB, wurde der Kapitän Gustav Schneeclaus 1992 von Neonazis zusammengeschlagen, nachdem er gesagt hatte, Hitler sei der größte Verbrecher. Er starb an den schweren Verletzungen. Damals war Benjamin Koch-Böhnke 14 Jahre alt. Geschichte hat ihn immer interessiert, auch wenn Schule nicht sein Ding war. Bei den Jusos, wo er im gleichen Jahr eintrat, fand er sich als einziger Hauptschüler unter lauter Gymnasiasten wieder.

Koch-Böhnke auf einer Linie mit Gregor Gysi

Im Gespräch fällt auf, dass er nicht gendert. Eigentlich soll bei der Linken gendergerecht und inklusiv kommuniziert werden. So will es der Bundesausschuss der Partei. „Ich spreche, wie ich immer gesprochen habe. Normal“, sagt Koch-Böhnke. Er halte es mit Gregor Gysi, der sagt, als Linker müsse man die Verhältnisse ändern wollen und nicht die Schreibweise.

Die Verhältnisse ändern – das will Koch-Böhnke. Das 9-Euro-Ticket, sagt er, sei die einzige gelungene Aktion der aktuellen Regierung und habe gezeigt, dass die Prioritäten in der Verkehrspolitik anders gesetzt werden müssen. Sympathisch findet er den Vorschlag des Mobilitätsforschers Andreas Knie: ein bundesweites Monatsticket inklusive ICE für 29 Euro.

Die A 26 wollte Koch-Böhnke nie. Aber jetzt, wo sie da ist, könne sie schlecht geschreddert und auch nicht zur breitesten Fahrradstraße der Welt werden. Nun will er zumindest verhindern, dass aus der Rübker Straße ein Zubringer wird. Aber die A 20 könnte noch gestoppt werden – für Klimaschutz und Moorschutz.

Koch-Böhnke kommt aus einer Arbeiterfamilie, Geld war knapp. Um sich etwas dazuzuverdienen, fuhr er schon neben der Ausbildung Taxi. Er ist Fachkraft für Lagerwirtschaft. „Manche sagen dazu Lagerfuzzi. Zu Unrecht“, sagt Koch-Böhnke. Es sei ein sehr verantwortungsvoller Beruf. Ausgesucht hat er ihn sich nicht.

Er schrieb mehr als 80 Bewerbungen und bekam nur eine Zusage. Nach der Lehre bekam Koch-Böhnke keine feste Stelle. Er ging in die Leiharbeit, wo er als Fachkraft arbeitete, aber nicht entsprechend bezahlt wurde und aufstocken musste. Wieder fuhr er Taxi. Dass er heute hauptberuflich das Regionalbüro Nord der Linken-Bundestagsfraktion in Buxtehude leitet, empfindet er als „großes Privileg“. Einen Listenplatz hat Koch-Böhnke nicht. Aber er will seiner Partei helfen und hofft, dass das gut klappt.

„Sehen wir uns Donnerstag?“, fragt einer seiner vielen Bekannten, die ihn ansprechen. Sie kennen sich aus der Braupfanne. Neben „Opi“ in Altkloster ist das seine Lieblingskneipe.

Inzwischen stehen wir wieder vor einer Tafel: Am Stavenort wird an den Widerstandskämpfer Rudolf-Welskopf erinnert. Der war in der SPD, schloss sich 1930 aber der KPD an, weil ihm die SPD im Kampf gegen die Nazis zu lasch war. „Ich will mich nicht mit ihm vergleichen“, sagt Koch-Böhnke. Er selbst trat aus der SPD aus, als Schröder die Agenda 2010 auf den Weg brachte, „den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik“. Er fand bei der Linken eine neue politische Heimat – und Susanne Koch, heute seine Ehefrau und die Vorsitzende des Buxtehuder Ortsvereins. Heimat – das ist auch privat ein Wort, das Koch-Böhnke mag und sich von Rechten nicht wegnehmen lassen will. Dass er im Buxtehuder Schützenverein Mitglied ist, gehört dazu: „Im Grünen Rott, dem Rott der kleinen Leute.“