So will die Linke die sichere Rente organisieren

Von Karsten Wisser (Buxtehuder/Stader Tageblatt)

BUXTEHUDE. Wie zentral das Thema Rente ist, zeigen folgende Zahlen. Rund 74 Millionen Menschen in Deutschland sind in irgendeiner Form im Rentensystem – 20,8 Millionen Rentner, 36,5 Millionen aktiv Versicherte und 16,8 Millionen passiv Versicherte. Das sagt Matthias W. Birkwald.

Der Bundestagsabgeordnete aus Köln ist der rentenpolitische Sprecher der Linken und hat einen Plan ausgearbeitet, wie er die gesetzliche Rente stärken und die Altersarmut mittels einer solidarischen Grundrente bekämpfen will. „Fast alle Menschen sind von dem Thema betroffen“, sagt Birkwald in einem TAGEBLATT-Gespräch. Birkwald war auf Einladung des Linken-Ortsvereins Buxtehude Redner bei einem Vortrag zum Thema Rente.

Birkwalds Ansatz: „Wir dürfen die Generationen nicht gegeneinander ausspielen.“ Die Linke will das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben, dort war es zur Jahrtausendwende. Aktuell ist das Niveau laut Deutscher Versicherung bei 48,2 Prozent. Im Jahr 2030 beträgt der Unterschied zwischen der Rente nach dem jetzigen Modell und dem Linken-Modell netto fast 300 Euro nach 45 Jahren Einzahlung.

Finanziert werden soll das durch den Wegfall der aus Sicht der Linken ineffektiven Riester-Rente und steigende Beiträge. Für einen Beschäftigten mit dem Durchschnittseinkommen von 3339,50 Euro ergibt sich eine zusätzliche Belastung von 34 Euro pro Monat. Der Betrag verkleinert oder vergrößert sich entsprechend dem Gehalt.

Denselben Anteil müsste der Arbeitgeber zusätzlich zahlen. Wenn der Arbeitnehmer einen Riester-Renten-Vertrag bisher bezahlt hat, würde er nach diesem Modell sogar 86 Euro sparen. „Die Rentenversicherung hat einen Verwaltungskostenanteil von unter zwei Prozent, bei Riesterverträgen liegt der zwischen zehn und zwanzig Prozent“, sagt Matthias W. Birkwald. Zu den Vorschlägen der Linken gehört unter anderem auch, die Rente ab 67 wieder abzuschaffen und innerhalb der nächsten fünf Jahre die Ost- an die Westrenten anzugleichen. Ab 65 sollen die Arbeitnehmer abschlagsfrei in Rente gehen können. Das soll auch für Menschen gelten, die 60 Jahre alt sind und 40 Beitragsjahre vorweisen können. Für alle Erwerbseinkommen müssten Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Auch Politiker, Selbstständige, Freiberufler, Beamte und Manager sollen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Das ist aber nur ein Teil des Reformansatzes der Linken. Ein Baustein im Kampf gegen Altersarmut ist das höhere Rentenniveau. Sie haben außerdem mit dem Papier die sogenannte „Solidarische Mindestrente“ entwickelt. 14,5 Prozent aller älteren Männer und 18,3 Prozent aller älteren Frauen gelten laut Definition als arm. „Wir wollen eine „Solidarische Mindestrente“ von 1050 Euro netto im Monat – darunter droht Armut. Die „Solidarische Mindestrente“ ist einkommens- und vermögensgeprüft, sie wird bei Bedarf gezahlt“, so Birkwald.

Zur Person

Matthias W. Birkwald kümmert sich seit 1994 für die Linke und deren Vorläuferpartei PDS um das Thema Rente – zuerst als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestags. Von 2003 bis 2005 war Birkwald Referent der Berliner Sozial- und Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner für die Bereiche Soziales und Migration, und von 2005 bis 2009 war er als Leiter des Abgeordnetenbüros von Lothar Bisky tätig. Seit September 2009 ist er selbst Bundestagsabgeordneter und rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Außerdem ist Birkwald Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales.