ST vom 28.10.24
Das Portal abgeordnetenwatch.de recherchiert zu Lobbyismus und Transparenz in der Politik. Ein Artikel hat gerade Furore gemacht: Er handelt davon, wie viel Geld manche Bundestagsabgeordnete seit Beginn der Legislaturperiode nebenbei dazuverdient haben.
Sogar eine interaktive Karte gibt es, auf der jeder seinen Wahlkreis anklicken kann. Das haben wir natürlich getan. Enak Ferlemann (CDU), Daniel Schneider (SPD), Stefan Wenzel (Grüne): 0 Euro. Bei Oliver Grundmann (CDU) wurden wir fündig: 142.988,80 Euro – wohlgemerkt nebenbei.
Was er im Hauptberuf verdient, wissen wir: Die Abgeordnetenentschädigung beträgt seit dem 1. Juli 2024 monatlich 11.227,20 Euro. Dazu kommt eine Aufwandspauschale von 5.051,54 Euro – für Wahlkreisbüro, zweiten Wohnsitz in Berlin, Büromaterial und Kosten der Wahlkreisbetreuung.
Die Nebeneinkünfte sind veröffentlichungspflichtig und auf bundestag.de für jeden einsehbar. Abgeordnetenwatch hat für jeden seit Oktober 2021 die Summe ausgerechnet: Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht konnte 850.000 Euro Buch-Honorare einstreichen, Gregor Gysi (Linke) hat den Großteil seiner 450.000 Euro als Vortragsredner verdient.
Woher Grundmanns vergleichsweise magerer Zuverdienst kommt, sagt er uns: Es handele sich um anwaltliche Nebeneinkünfte, die „seit dem Jahr 2021!!!!!“ (Ausrufezeichen von ihm) aufgelaufen seien. Ob da noch genug Zeit für das Bundestagsmandat bleibt? Dem widme er seine ganze Kraft, und zwar mit einer 80-Stunden-Woche, antwortet er: „Mein Engagement für den Wahlkreis Stade wird allein schon durch das versprochene milliardenschwere Bauvorhaben des Anlandeterminals an der Elbe sichtbar.“
Dazu nehme er „in zeitlich sehr begrenztem Umfang einige wenige anwaltliche Mandate wahr“. Nebentätigkeiten seien wichtig, um die berufliche Qualifikation zu erhalten und den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu gewährleisten. Auch dabei setzt er den Schwerpunkt bei der Energiewirtschaft: Aus der stammt laut Bundestags-Biographie ein Mandant, der von November 2021 bis Ende 2023 monatlich 3.427,20 Euro überwies. Aus der Verkehrsbranche zahlt ein zweiter aktuell 952 Euro im Monat. Grundmann gibt zu bedenken, dass er davon auch Flug- und Gutachterkosten, Sachmittel und Mieten für Kanzleiräume bestreitet.
Als Wiedereinstiegshilfe gibt es für jedes Jahr im Bundestag übrigens einen Monat Übergangsgeld in Höhe der Entschädigung. Bei Grundmann sind es schon elf Bundestagsjahre. Bei seiner Umtriebigkeit in puncto Wiedereinstieg ins Berufsleben stellt sich die Frage: Braucht er das Übergangsgeld überhaupt?