Leserbriefe zum Tageblattartikel „Auch der Klinik-Manager sieht Pflege in Not“ / Pflegekonferenz der DIE LINKE-Kreistagsfraktion

Lokale Politik muss helfen

Ebenfalls zum Artikel „Auch der Klinik-Manager sieht Pflege in Not“ schreibt Marion Augustin, Horneburger Kamp in Beckdorf:

Ich möchte mich als Betriebsratsvorsitzende des Elbe Klinikums Buxtehude ganz ausdrücklich bei der Partei Die Linke im Kreistag bedanken, dass sie unermüdlich die „untertarifliche“ Vergütung der Beschäftigten in den Elbe Kliniken thematisiert.

Nachdem die große Mehrheit der Kreistagspolitiker die Behandlung des Themas im Kreissozialausschuss nicht zugelassen hatte, organisierte Benjamin Koch-Böhnke diese Pflegekonferenz. Leider konnte ich an dieser „Pflegekonferenz“, die am 10. März im Stadeum stattfand, nicht teilnehmen.

Ich entnehme dem TAGEBLATT-Artikel, dass 80 Teilnehmer dabei waren. Insofern wird es vielfältige Wortbeiträge gegeben haben? Bemerkenswert, dass der Betriebsratsvorsitzende des Elbe Klinikums Stade erneut, wie in vielen vorigen TAGEBLATT-Artikeln über die Elbe Kliniken, mit der Forderung nach einer Rückkehr in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) zu Wort kam. Sieht so aber Meinungsvielfalt in der Berichterstattung aus?

Seltsam ist dann allerdings, dass wir Buxtehuder Arbeitnehmervertreterinnen im Aufsichtsrat im Juni 2016 keinerlei Unterstützung erhielten, als wir dort den Antrag gestellt haben, die Elbe Kliniken mögen zumindest einen Haustarifvertrag mit Verdi verhandeln.

Da wir bis heute lediglich den TVöD auf dem Stand von 2007 (in seiner Nachwirkung) mit hausinternen Vergütungsanpassungen anwenden, muss ich Herrn Stephan korrigieren, die Elbe Kliniken haben keinen Haustarifvertrag. Ein Haustarifvertrag wird zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber verhandelt, genau dies ist in den Elbe Kliniken bisher nicht passiert.

Natürlich war und bleibt die Rückkehr in den TVöD für den Betriebsrat des Elbe Klinikums Buxtehude immer unser gemeinsames Ziel. Die Kolleginnen und Kollegen, die uns kennen, wissen dass wir dafür ohne Wenn und Aber einstehen und das bereits jahrelang.

Nur – ohne ernsthafte politische Hilfe und mutige Unterstützung aller Kollegen stehen wir ziemlich im Regen.

Der leere „Pflegefachkräftemarkt“ ist für Patienten längst hautnah spürbar. Nur weil die Beschäftigten in deutschen Kliniken noch auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit versuchen, die Arbeit irgendwie noch zu schaffen, ist die Lage nicht noch schlimmer.

Wird die „GroKo“ etwas Abhilfe schaffen? Sicher ist das bisher nicht. In jedem Fall muss sich auch die Politik im Landkreis Stade Gedanken machen, wie unsere Daseinsfürsorge zukunftssicher aufgestellt werden soll.

 

Stadt und Kreis sind dran

Ebenfalls zu dem Thema schreibt Michael Lilienkamp, Bischofstwiete in Stade:

Als Erstes möchte auch ich mich bei den Linken bedanken, die anscheinend mit den Grünen die Einzigen sind, die den Notstand in den Elbe Kliniken sowie in den Altenheimen erkannt haben und versuchen, die Pflegenden und somit auch die zu Pflegenden zu unterstützen und für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

Wie erwähnt, waren unsere Vertreter der beiden großen Volksparteien leider nicht vor Ort. Es ist ja verständlich, weil ich nicht glaube, dass jemand aus dem Stadtrat oder Kreistag bis zu zehn Stunden in der Notaufnahme warten muss bis sie oder er zum Beispiel als Notfall stationär aufgenommen wird, um dann auf einer Station mit bis zu 32 Gleichgesinnten zu hoffen, dass die zuständige Nachtschwester in ihrer Schicht es schafft, wenigstens die Klingeln der einzelnen Patienten in der Nacht abzulaufen.

Auch werden sie bestimmt nicht Wochen benötigen, bis sie einen Heimplatz für Angehörige finden. Ich gebe der Pflege auch eine Mitschuld, weil sie bis heute nicht gelernt haben, für ihre Rechte zu kämpfen. Da sind uns die Ärzte weit voraus.

Nicht umsonst bekommen sie in den Elbe Klinken nach Tarif bezahlt. Mich wundert auch, dass die Bevölkerung nicht bei den Politikern Sturm läuft und von ihnen verlangt, dass sie sich nicht so einfach aus der Gesundheitsversorgung rausstehlen können. Denn noch ist das Elbe Klinikum zu 100 Prozent in kommunalem Besitz.

Warum sind wir in der Lage, ein Spaßbad und das Stadeum mit Millionen Euro zu bezuschussen, aber für die Versorgung der kranken Bevölkerung wird sich hinter Gesetzen versteckt und gesagt, damit haben wir nichts zu tun?

Ich erwarte als Bürger der Stadt Stade, dass die Stadt und der Landkreis als Besitzer dafür sorgen, dass für die Bevölkerung eine vernünftige Gesundheitsversorgung angeboten wird.

Auch würde ich mir wünschen, dass die Pflegenden endlich erkennen, dass sie ohne Kampf für ihre Rechte immer die Verlierer des Gesundheitswesens bleiben

 

Schuld hat nicht nur Berlin

Ebenfalls zum Artikel „Auch der Klinik-Manager sieht Pflege in Not“ schreibt Rudolf Kinzinger, Himmelpfortener Weg in Hammah-Mittelsdorf:

Da ist dem Herrn Chefredakteur einmal mehr beizupflichten: „Eine bemerkenswerte Konferenz“. Aber anders als er, meine ich damit nicht das Auftreten des Krankenhaus-Geschäftsführers Ristau bei der „Pflegekonferenz“ der Linken, sondern die Tatsache, wie er mit der Situation in der Pflege am Elbe Klinikum umgeht.

Sicherlich ist das Gesundheitswesen ein komplexes System, politisch wie betriebswirtschaftlich; die Ursachen für den Pflegenotstand jedoch überwiegend in der Berliner Gesundheitspolitik zu suchen, erscheint zu einseitig.

Auch die Finanzfrage ist nicht ausschließlich auf Bundesebene zu lösen. Die Herauslösung des Elbe Klinikums aus dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes vor einigen Jahren war doch eine eigenständige Stader „Lösung“.

Erinnere ich mich jetzt falsch, oder war das nicht eine der ersten Maßnahmen des damals noch neuen Geschäftsführers Ristau zur Sanierung des Hauses?

Was mag eine Krankenschwester denken, wenn sie sich daran erinnert, auf ihre Lohnabrechnung schaut und dann liest: „Die Situation ist dauerhaft nicht erträglich, ich weiß das.“

Grenzt das nicht schon an Sarkasmus?

Zuerst das Krankenhaus unter anderem durch Drücken der Personalkosten sanieren und dann die prekäre Situation in der Pflege anprangern? Da befindet sich der Betriebsratsvorsitzende Kai Holm in einer grundsätzlich besseren Situation: Er kann sich aussuchen, ob er als Arbeitnehmervertreter Position bezieht oder sich als (mitverantwortlicher) SPD-Kommunalpolitiker der Gefahr aussetzt, als Zielscheibe für kritische Äußerungen zu dienen. Es war nicht schwierig, zu raten, was er wählen würde. Honi soit, qui mal y pense.

Aufsichtsratsgemauschel

Zum selben Artikel schreibt Ingrid Smerdka-Arhelger, Im Obstgarten in Buxtehude:

Klar verschlechtern CDU und SPD auf Bundesebene seit Jahren die Arbeitsbedingungen der Pflegenden und gefährden damit die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Skandalös, aber nicht neu.

Gern unter den Teppich gekehrt wird jedoch, dass SPD und CDU auf lokaler Ebene seit Jahren nicht nur dazu schweigen, sondern genau das Gleiche tun. Wer sitzt denn im Aufsichtsrat der Elbe Kliniken? Wer weigert sich im Kreis, die skandalöse Bezahlung der Pflegekräfte zu thematisieren? Wer hat die Kreisumlage gesenkt, statt sie in Tarifgehälter der Pflegenden zu investieren? Wer lässt im 21. Jahrhundert Pflegekräfte noch per Hand komplexe Pflegeverläufe dokumentieren zulasten der Patientenversorgung? Von wegen Smart-City Buxtehude.

Wenn Landrat Roesberg und andere gebetsmühlenartig wiederholen, dass die Pflegequalität in den Elbe Kliniken sehr gut sei, ist das heiße Luft; es liegen keine belastbaren Zahlen über Pflegeergebnisse, Risiken und Komplikationen vor. Der „praktische“ Nebeneffekt: Pflegende können nicht faktenbasiert gegen Personalengpässe argumentieren, man lässt ihr Engagement ins Leere laufen.

Der Geschäftsführer der Elbe Kliniken hat auf der Pflegekonferenz seinen Mitarbeitern recht gegeben, dass die Lage unhaltbar sei. Soweit ok. Ist es jedoch Zufall, dass der größere Teil seines Beitrages daraus bestand darzulegen, dass man lokal nichts machen könne? Sogar den Teufel des nicht genehmigungsfähigen Kreishaushaltes hat er an die Wand gemalt. Gesundheitspolitik sei kompliziert, das stimmt. Nur wenn immer dann darauf verwiesen wird, wenn Pflegende Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen fordern, macht das misstrauisch.

Es hätte dem Geschäftsführer der Elbe Kliniken gut zu Gesicht gestanden, wenn er und nicht Herr Kranich von der VBZ Hamburg die im Artikel zitierten Zahlen zur international abgehängten deutschen Pflege auf den Tisch gelegt hätte. Noch besser wäre gewesen, wenn Herr Ristau die Elbe Kliniken in diesen Kontext verortet hätte. Und richtig gut hätte ich es gefunden, wenn Wolfgang Stephan in seinem Beitrag die seit Jahren im Aufsichtsrat sitzenden CDU- und SPD-Politiker wegen Ignoranz und Untätigkeit mehr in die Verantwortung genommen hätte. Im nächsten Kreisausschuss steht die Beantwortung der Anfrage der Grünen zur Pflegesituation in den Elbe Kliniken auf der Tagesordnung. Das Thema tarifgerechte Bezahlung und Aufsichtsratsgemauschel kriegen SPD und CDU nicht vom Tisch.

 

Krankes Manager-Denken

Zum Artikel „Auch der Klinik-Manager sieht Pflege in Not“ (TAGEBLATT vom 10. März) schreibt Georg Brokelmann, Herzog Heinrich Straße in Stade:

Personalmangel gefährdet Ihre Gesundheit und die des Pflegedirektors. Der Klinik-Manager sieht auf einmal die Pflege in Not und hat natürlich auch eine Erklärung dafür. In der Politik und bei den Krankenkassen sitzen die Buhmänner. Doch so einfach darf er sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Wenn im Elbe Klinikum nach entsprechenden Berichten im TAGEBLATT im letzten Jahr fünf Millionen Euro Gewinn gemacht wurden, so ist dies in etwa der Betrag, der im gleichen Zeitraum dem Pflege-Personal – gegenüber dem Tarifvertrag im öffentlichen Dienst – vorenthalten wurde.

Je nach Tarifgruppe sind dies 12 bis 15 Prozent oder 250 bis 420 Euro im Monat. Hinzu kommt, dass durch nicht besetzte Pflegestellen immer mehr Leistung erbracht werden musste, was wiederum einen erhöhten Krankenstand produzierte. Damit wurden wiederum zusätzliche Kündigungen von Pflegekräften provoziert, die nicht aufs Elbe Klinikum angewiesen sind.

Aber das Klinikum kann auf die weggemobbten Schwestern und Pfleger nicht verzichten.

Nicht akzeptabel ist, dass der Betriebsratsvorsitzende Herr Holm seinen Kolleginnen und Kollegen verkauft hat, dass dieser Gehaltsverzicht nicht notwendig sei zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Der wahre Hohn ist aber, wenn die jetzt vereinbarten 2,5 Prozent Erhöhung als Verbesserung der Situation verkauft werden, wo in Kürze wohl eine höhere Vereinbarung im öffentlichen Dienst ansteht.

Das Elbe Klinikum muss 20 Prozent seiner Investitionen selbst bezahlen, erklärte der Klinikchef und ist offensichtlich der Meinung, dass das Personal diese Kosten erbringen muss. Perverses Managerdenken, oder wie soll man das sonst nennen? Für Investitionen sind die Eigentümer zuständig, sprich der Landkreis und die Stadt Stade. Dort muss auch die Entscheidung getroffen werden, was investiert wird.

Ich denke, es wird Zeit, dass der Aufsichtsrat auch mal die Verantwortung des Klinikleiters und die Abdankung des Pflegedirektors hinterfragt. Er muss selbst die Weichen für eine gesunde Personalentwicklung stellen, um noch zu retten, was zu retten ist.