Fast 200 Menschen demonstrieren am Tag der Arbeit in Stade

Der Hauptredner, Verdi-Gewerkschaftssekretär Herbert Behrens auf der DGB-Kundgebung war von 2009 bis 2017 DIE LINKE-Bundestagsabgeordneter und dort u.a. Vorsitzender des Diesel-Untersuchungsausschuss.

 

Von Sabine Lohmann ( Buxtehuder/Stader Tageblatt)

STADE. Das Motto lautete: „Europa. Jetzt aber richtig!“. Um eine andere Europa-Politik ging es bei der 1. Mai-Kundgebung am Schwedenspeicher in Stade. Fast 200 Menschen waren der Einladung des DGB am Tag der Arbeit gefolgt.

Während noch die Band „Die Drei“ die Menge vor dem Schwedenspeicher mit Live-Musik unterhielt, hüllten sich einige Verdi-Mitglieder im Publikum in goldfarbene Rettungsdecken, um unter dem Motto „Pflege ist Gold wert“ für ein „Aufstehen für die Pflege“ zu demonstrieren.

Auf die Europawahl am 26. Mai gingen zunächst Wilfried Behrendt, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes Stade, in seiner Begrüßung und Stades Bürgermeisterin Silvia Nieber (SPD) in ihrem Grußwort ein. Beide riefen dazu auf, wählen zu gehen.

Warum die Wahlbeteiligung wichtig ist, erläuterte der frühere Bundestagsabgeordnete und Verdi-Gewerkschaftssekretär, Herbert Behrens. Als Teil einer „Bewegung für soziale Gerechtigkeit, Klimagerechtigkeit und Frieden“ bezeichnete der Hauptredner die Feier in Stade am „Tag der Arbeiterbewegung“. Mit dem Slogan „Europa. Jetzt aber richtig!“ rief er zu einem Kurswechsel auf, hin zu einer „solidarischen und demokratischen Europäischen Union, die Menschen schützt und gute Arbeit, sozialen Fortschritt und Wohlstand für alle ermöglicht“.

Der Redner prangerte die „neoliberale Krisenbewältigung nach der Finanz- und Wirtschaftskrise“ und die „absurde Steuerpolitik“ an, die dazu führte, dass der globale Konzern Apple auf seine in Europa erzielten Gewinne kaum Steuern zahlen muss. Er wandte sich gegen ein Europa, das „den freien Binnenmarkt auf Kosten sozialer Rechte verwirklicht“ und „mit seiner gnadenlosen Sparpolitik soziale Unsicherheit und Ungerechtigkeit schürt“. Die EU wirke als „Brandbeschleuniger einer neoliberalen Globalisierungspolitik“, sagte er.

Unter dem Motto „Europaweit arbeiten: Jetzt aber fair!“ forderte er ein Europa, das Garant für soziale Gerechtigkeit sei, soziale Sicherheit über nationale Grenzen hinweg schaffe, und in dem „soziale Interessen Vorrang haben vor Profitinteressen“. Er forderte „europaweite Standards für gute Arbeitsbedingungen statt Dumping-Wettbewerb durch Niedriglöhne und miserable Arbeitsbedingungen“, gleiche Chancen für Frauen und Zukunftsinvestitionen – und er wandte sich vehement gegen Rassismus, Faschismus und völkischen Nationalismus.

Verdi-Vorsitzender Udo Oellrich wirbt für eine Podiumsdiskussion zum Pflegenotstand in der Seminarturnhalle am 14. Mai.

Auch viele Probleme in Deutschland sprach der Redner an. Er kritisierte krankmachende Beschäftigungsverhältnisse, befristete Arbeitsverträge, die Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes und die „skandalöse Tarifflucht der Arbeitgeber“. Die Stärkung der Tarifbindung sei für die Gewerkschaften eine zentrale Gerechtigkeitsfrage, sagte er. Der DGB habe deshalb einen Zukunftsdialog mit Menschen in Betrieben und Verwaltungen gestartet – über Themen wie Alltagsprobleme, bezahlbares Wohnen, Rente, Grenzen des Wachstums, nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften sowie die Klimapolitik.

Die „Stärkung von Flächentarifverträgen, die Sicherung eines gesetzlichen Rentenniveaus, das im Alter für alle ein Leben in Würde ermöglicht, und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum“ gemeinsam mit einem sozialen und demokratischen Europa seien die „wirksamste Medizin gegen gesellschaftliche Spaltung“, sagte der Verdi-Gewerkschaftssekretär.

Der Beifall der Zuhörer war ihm sicher. Einige machten sich nach dem Vortrag noch auf den Weg, um sich der parallel gestarteten Schüler-Demonstration „Fridays for Future“ und ihrem „Klimastreik in Stade“ anzuschließen.