Buxtehude ruft Klimanotstand aus

Buxtehuder Tageblatt: Karsten Wisser

Diese Videokonferenz hatte es in sich – nicht wegen des Ergebnisses, sondern vielmehr wegen der Debatte drumherum. Die Opposition in Buxtehude spricht von Doppelmoral.

In der Stadt Buxtehude herrscht jetzt Klimanotstand. Nach einer kontroversen Diskussion um den Sinn dieser Aktion setzten die Ratsfraktionen von SPD, Grünen und die Gruppe Linke/Die Partei diesen Beschluss durch. Parallel dazu setzte die neue Mehrheit auch in einem zweiten Antrag durch, dass Buxtehude bis 2035 klimaneutral werden soll. Der Rat tagte als Videokonferenz.

Faktisch hat die Ausrufung des Klimanotstands keine direkten Folgen. Die Initiatoren erhoffen sich dadurch eine höhere Mobilisierung für die damit verbundenen Ziele. Wie das Ziel der Klimaneutralität für die Hansestadt Buxtehude erreicht werden soll, soll in den jetzt folgenden Debatten geklärt werden.
Notstands-Initiatoren: Klimawandel wird immer spürbarer

„Wir erkennen damit den menschengemachten Klimawandel an und sagen, dass wir auf kommunaler Ebene handeln wollen“, begründete der Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Nils Rademacher die Entscheidung. „Der Klimawandel stellt einen Notstand dar. Es reicht ein Blick aus dem Fenster, die Häufigkeit von Extremwetterereignissen nimmt zu“, sagte der SPD-Ratsherr Gerrit Steffens. Klimaschutz sei Selbstschutz, weil es die Hansestadt in absehbarer Zeit sonst nicht mehr geben würde, weil Buxtehude unter Wasser liegen würde.

„Das ist ein Startschuss. Wir wollen Buxtehude zukunftsfähig machen“, sagte Benjamin Koch-Böhnke von der Linken. „Es geht um den Erhalt der Menschheit“, so der Grünen-Abgeordnete Philipp Bravos.
Heftige Kritik an Ratskoalition kommt von der CDU

Jenseits der AfD gibt es im Rat beim Ziel, etwas gegen den Klimawandel zu tun, große Einigkeit. Der Weg, den die rot-rot-grüne Mehrheit jetzt beschlossen hat, ist aber umstritten. Maßnahmen gegen den Klimawandel seien richtig und wichtig, so die CDU-Fraktionsvorsitzende Arnhild Biesenbach. Die neue Mehrheit würde aber den Eindruck erwecken, dass diese Erkenntnis erst nach der Wahl im Herbst entstanden sei.

Buxtehude sei aber schon vorher auf einem guten Weg gewesen. „Sie haben hier Textbausteine zusammengestellt, die keinen Bezug zu Buxtehude haben, das bringt nichts“, sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende Dörte Matthies. Buxtehude sei schon auf einem guten Weg, so die Liberale.

„Sie sind nicht progressiv, sie sind planlos“, attackierte der CDU-Ratsherr Alexander Krause die Beschlüsse. Das habe „Studentenparlamentsniveau. Sie haben keine konkreten Ideen.“ Krause warf der neuen Mehrheit vor, reine Symbolpolitik zu betreiben und die Stadt in eine Haushaltskatastrophe zu steuern. Der AfD-Abgeordnete Karsten Kohls sieht in der Klimadebatte den Versuch, „eine weitere Hysteriestufe zu zünden oder weitere Eingriffe in die Rechte der Bürger vorzubereiten“. Klimaschutz dürfe nicht die höchste Priorität haben.
„Doppelmoral“: Rauer Ton auch in den sozialen Netzwerken

Buxtehudes Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos) suchte in der Diskussion den Mittelweg. Sie stimmte gegen die Ausrufung des Notstands, aber für die Klimaneutralität 2035. „Wir müssen die Bürger mitnehmen, und das schaffen wir, wenn wir mit konkreten Maßnahmen aufwarten können“, so die Bürgermeisterin. Sie hatte mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen.

Dass im Buxtehuder Rat nach der Kommunalwahl und dem Ende der faktischen großen Koalition von SPD und CDU ein rauer Ton herrscht, zeigte eine Debatte, die sich am Freitag in den sozialen Medien entwickelte. Eine Abgeordnete der Grünen hatte online aus Dubai an der digitalen Ratssitzung teilgenommen. CDU und FDP kritisierten das massiv.

„Das ist ein schlimmer Fall von Doppelmoral“, sagte der FDP-Ratsherr André Grote mit dem Hinweis darauf, dass Fernreisen per Flugzeug als besonders klimaschädlich gelten. Die neue Mehrheit habe keine Finanzierungsvorschläge für ihr Vorhaben gemacht. Grünen-Co-Fraktionssprecher Nils Rademacher bestätigte die Auslandreise und wollte sie inhaltlich nicht bewerten. Aber: „CDU und FDP wollen damit nur vom eigentlichen Problem und von ihrer eigenen Untätigkeit ablenken.“