38 Millionen Mal verkauft: Was kommt nach dem 9-Euro-Ticket?

Von Lars Strüning: Buxtehuder / Stader Tageblatt

Das 9-Euro-Ticket läuft Ende des Monats aus. Aus der Politik kommen Rufe nach Verlängerung. Der Vorschlag vom 365-Euro-Jahresticket macht die Runde. Was sagt die KVG dazu und was macht der HVV?

Das Busunternehmen KVG spricht von einer deutlich gesteigerten Nachfrage seit Juni. Der Erfolg der 9-Euro-Ticket-Aktion ist weiterhin ungebrochen, teilt der HVV mit. Das 9-Euro-Ticket ist ein Verkaufsschlager und gute Werbung für den Nahverkehr. Bis Anfang August soll das Sonderticket bundesweit 38 Millionen Mal verkauft worden sein. Metropolen wie Hamburg mit ihren gut ausgebauten Systemen des öffentlichen Nahverkehrs profitieren vor allem von diesem Angebot. Aber auch die gesamte Region.

Städte wie Stade und Buxtehude verzeichneten steigende Zahlen beim Tagestourismus. Viele Besucherinnen und Besucher kamen spontan auf einen Kurztrip vorbei. Es wird also Zeit, über eine Verlängerung nachzudenken, sagen die Linken im Kreis und die SPD in der Stadt Stade.
Das will die SPD

Die SPD Stade fordert ein Nachfolge-Angebot für das 9-Euro-Ticket. Es habe sich gezeigt, dass die Menschen bereit sind, den ÖPNV zu nutzen. Damit er eine wirkliche Alternative zum Pkw darstellt, brauche es einen massiven Ausbau. Das Angebot müsse zuverlässig, unkompliziert und bezahlbar sein.

Ein Monatsticket für 30 Euro oder ein Jahresticket für 365 Euro würde eine finanzielle Entlastung vieler Pendler darstellen. Ein Ticket, das über die Grenzen von Verkehrsverbünden gilt, wäre ein großer Schritt.SPD und die bunte Gruppe (FDP/UBLS/Piraten) im Stader Rat haben ein Stadtbuskonzept entwickelt. Dieses sieht ein ausgeweitetes Angebot, mehr Haltestellen und kleinere Busse vor, die die Wohnquartiere anbinden. Eine weitere Forderung ist ein günstiger Stadttarif. Bernhard Augustin (SPD) gibt ein Beispiel: „Eine einfache Fahrt von Hagen nach Riensförde kostet heute 2,40 Euro. Das ist für viele zu teuer.“ Für einen Euro am Tag werde der Bus aber wirklich zur Alternative.

Für die SPD, so Ortsvereinsvorsitzender Kai Koeser, ist klar, dass die Finanzierung nicht an Stadt oder Landkreis hängenbleiben darf. Sie schließt sich der Forderung der Bremer SPD an: „Die Finanzierung des Tickets sehen wir hauptsächlich beim Bund.“

Das will die Linke

Im Kreistag und im Buxtehuder Rat (zusammen mit „Die Partei“) stellen sie einen Resolutionsantrag. Stadt und Kreis sollen sich beim HVV, beim Städte- und Gemeindebund, beim Landkreistag, bei den niedersächsischen Landtagsfraktionen und der Landesregierung sowie bei den Bundestagsfraktionen und der Bundesregierung dafür einsetzen, dass weiterhin ein kostengünstiges Nachfolgeticket wie das 9-Euro-Monatsticket oder das 365-Euro-Jahresticket im ÖPNV für alle Bürgerinnen und Bürger angeboten wird.

Das sei sowohl aus sozialer als auch aus ökologischer Sicht absolut notwendig. „Mobilität ist ein Menschenrecht, von dem niemand ausgeschlossen werden darf“, so der Linke Benjamin Koch-Böhnke. Der Kampf gegen den Klimawandel könne nur erfolgreich sein, wenn die Verkehrswende dauerhaft sei.

Unterstützt wird die Initiative „9-Euro-Ticket-weiterfahren“, die am 27. August einen nationalen Aktionstag plant. Die Linke wird dann in Stade und Buxtehude Unterschriften sammeln.
Das sagt die KVG

Grundsätzlich habe das 9-Euro-Ticket gezeigt, dass mit günstigen und vor allem leicht verständlichen Angeboten zusätzliche Kunden in nennenswertem Umfang für den ÖPNV gewonnen werden könnten, teilt Pressesprecher Oliver Blau mit. Die dauerhafte Realisierbarkeit hänge aber stark von der Bereitstellung (erheblicher) finanzieller Mittel ab, die die wegfallenden Fahrgeldeinnahmen kompensieren. Ob angesichts der auf allen Ebenen angespannten Haushaltslage damit gerechnet werden könne, sei fraglich.

Mindestens ebenso wichtig wie günstige Tarife seien flächendeckende Verbesserungen im ÖPNV-Angebot, gerade im ländlichen Raum. Ob 9 Euro ein angemessener Preis für eine monatliche, bundesweite Flatrate sind oder ob hier die Zahlungsbereitschaft der Kunden nicht durchaus höher und ein Preis von 29 oder 49 Euro eher angemessen ist, sei vor allem eine politische Diskussion.
Das sagt der HVV

Einer Marktforschung im Auftrag des HVV zufolge besitzt fast jeder zweite Befragte das 9-Euro-Ticket. Die Nutzung des HVV hat das Vor-Corona-Niveau übertroffen. Der Anteil der Fahrgäste, die mindestens wöchentlich den ÖPNV nutzen, sei um sieben Prozent gestiegen. Unzufriedenheit mit dem Platzangebot werde überwiegend bei längeren Fahrten genannt. 54 Prozent der 9-Euro-Ticket-Besitzer gaben an, ihren Pkw seit dem 1. Juni seltener genutzt zu haben. Die Mehrheit sei bereit, einen höheren Ticketpreis zu zahlen.

Im HVV-Bereich wurden bisher 1,8 Millionen Tickets verkauft. Hinzu kommen jeweils die 680.000 Abonnentinnen und Abonnenten, die ebenfalls nur 9 Euro im Monat zahlen.

In den kommenden Wochen will der HVV mit neuen Ticket- und Tarifangeboten im Gespräch bleiben. Bis 21. August werden online 999 Vollzeit-Abos für je 9 Euro pro Monat verlost. Ein Angebot ist das neue „Profi-Ticket für Neukunden“. Vom 1. September bis 31. Dezember kostet ein Profi-Ticket monatlich 36 Euro (9 Euro pro Woche). Weitere Anschlussangebote seien in Vorbereitung.